Haushaltsrede DIE LINKE Esslingen

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Klopfer, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste,
ein Dankeschön an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die diesen Haushalt entworfen haben. Einen Extra-Dank an sie Herr Rust für Ihre Beratung in unserer Fraktion, auch das ist keine Selbstverständlichkeit. Der Haushalt ist nicht auf Rosen gebettet, von daher komme ich ohne blumige Vorrede zur Sache. Wir möchten drei politische Schwerpunkte setzen, an denen wir den Haushaltsentwurf messen.

1. Die Inklusion
Wir haben uns in den letzten Jahren regelmäßig über den sehr langsamen Ausbau barrierefreier Bushaltestellen beschwert. Am 1. Januar soll der ÖPNV laut Gesetz barrierefrei sein. In Esslingen sind wir gerade einmal bei einem Sechstel in Bezug auf die Haltestellen. Das Tiefbauamt hat nicht einmal die geringen Mittel für den Umbau genutzt, die ihm dafür zur Verfügung standen. Unsere Anfrage zum aktuellen Stand des Umbaus wartete ein halbes Jahr auf eine Antwort, wahrscheinlich weil diese einfach zu peinlich war.
Aber jetzt soll alles besser werden. 800.000 Euro pro Jahr und ein klarer Ausbauplan bis 2024, damit dann wenigstens ein Drittel der Bushaltestellen auch von Rollifahrer*innen selbständig genutzt werden kann. Angesichts leerer Kassen ein guter Ansatz. Sehr geehrter Herr Klopfer, wir kündigen schon jetzt eine Anfrage für nächsten Herbst an, denn wir werden nicht tatenlos zusehen, ob umgebaut wird oder ob nicht.
Ein ewiges Thema: die barrierefreie Toilette in der östlichen Altstadt. Im Oktober 2019 von allen Fraktionen gefordert – im Haushalt nicht berücksichtigt. Und 2021 hat sich daran noch nichts geändert. Zur Inklusion gehört auch, dass Menschen mit nur geringem Einkommen am öffentlichen Leben der Innenstadt teilhaben können. Wenn die Wirtschaftshilfe schließt und der Diakonieladen in der Küferstraße aus der Innenstadt durch den Grundstücksverkauf verbannt wird, fallen für eben diese Menschen zwei attraktive Angebote weg. Wir fordern von der Stadt, dass sie mit der Diakonie eine Lösung findet, damit wenigstens ein Sozialkaufhaus in der Innenstadt erhalten bleibt.
2015 hat sich die Stadt mit einem Aktionsplan auf den Weg zu einem inklusiven Esslingen gemacht. Ein Beispiel für das, was gut läuft: das Tiefbauamt und auch andere Ämter stimmen sich bei Bauprojekten immer öfter mit den Betroffenen ab – dafür Danke. Nun wollen wir wissen, wie weit wir denn als Stadtgesellschaft auf dem Weg zur Inklusion gekommen sind? Wir beantragen eine Evaluation.

2. Die Mobilitätswende
Im Dezember 2020 brachte die Verwaltung ein Konzept „gemeinsam unterwegs“ ein, das eine Mobilitätswende einläuten sollte. Immerhin: der Mobilsplit verspricht ein Viertel weniger motorisierten Individualverkehr bis 2027. Wenn wir dieses Ziel auch erreichen wollen, müssen wir den Straßenraum umFAIRteilen, sonst wird da nichts draus. Es wird künftig enger für den Kfz-Verkehr. Wir brauchen weitere Busspuren, um am Stau vorbeizufahren. Wir brauchen weitere Fahrradstraßen und endlich die Fahrradspur auf der Kiesstraße. Wir wollen Menschen für das Radfahren gewinnen, die es bisher noch nicht tun und diese Menschen brauchen dann sichere Wege. Gerne will die Stadt die Kosten des Alicenstegs an das Land als Bauträger des Radschnellwegs loswerden. Nur das funktioniert so nicht: sie wird ihren Anteil für den Fußweg neben dem Radweg zahlen müssen. Außerdem ist nicht einzusehen, dass die Menschen nochmals 7 bis 10 Jahre auf diesen beliebten Steg warten müssen. DIE LINKE fordert die Umsetzung der Variante 3, die den Alicensteg für die nächsten 10 Jahre begehbar macht.
Erstmals fand in diesem Jahr der Fußgängercheck in Esslingen statt. Mit dem Fachbüro ging es durch die Pliensauvorstadt und die östliche Innenstadt. Lassen Sie uns da bitte nicht stehenbleiben, sondern diese Aktion jetzt auch in anderen Stadtteilen fortführen.
Es ist sinnvoll, über finanzielle Anreize Menschen aus dem privaten Pkw in den Bus zu locken. Der gebührenfreie ÖPNV bleibt ein wichtiges Ziel. Auf gar keinen Fall können wir zusehen, wenn für Kinder und Jugendliche der Bus verschlossen bleibt. Wenn die Eltern nur ein geringes Einkommen haben, spielt die Monatsfahrkarte eine Rolle bei der Schulwahl und bei den Aktivitäten in der Freizeit, beispielsweise in Vereinen. Wir beantragen, dass Kinder und Jugendliche mit dem Stadtpass den ÖPNV kostenlos nutzen können.
Im Sinne der schwächsten Verkehrsteilnehmer*innen fordern wir weitere Stellen für den Verkehrsordnungsdienst. Zugeparkte Gehwege sind kein Kavaliersdelikt und Elterntaxis, die ihre Kinder in zweiter Reihe aus dem Auto springen lassen, ein NO GO.

3. Die Wohnraumversorgung
Die Stadt will dieses Problem mit dem Wohnraumversorgungskonzept lösen, dass sie derzeit überarbeitet. Wirklich überzeugen konnte sie uns damit bisher nicht. Ein Neubau kostet pro Quadratmeter zwischen 12 und 15 Euro, für städtische Erzieher*innen unbezahlbar. Das neue Quartier in der Alleenstraße überzeugt da schon mehr, doch wie viele solcher Projekte kann sich die Stadt leisten? Aus Sicht der LINKEN müssen wir stärker an den Leerstand ran: wir brauchen von daher das Zweckentfremdungsverbot. Im Grundgesetz steht: Eigentum, verpflichtet. Im Haushalt 2015 haben wir das Wohnraummanagement beantragt. Jetzt ist es installiert. Lassen Sie uns die Effektivität erhöhen und eine Tauschbörse konzipieren, denn es gibt durchaus Senior*innen, die lieber in eine Wohnung ohne Treppen ziehen und Familien mit Kindern die größere Wohnfläche überlassen würden.

Die LINKE hat noch weitere Anträge, doch in zehn Minuten kriegen wir die einfach nicht unter. Damit Sie, liebe Gäste, mitbekommen, was im Gemeinderat sonst noch beraten und beschlossen wird – vor allem, wenn Sie um 16 Uhr noch keinen Feierabend haben, beantragen wir das dauerhafte Streaming. Dann bekämen Sie auch mit, dass die LINKE nicht nur Forderungen stellt, sondern auch konstruktive Finanzierungsvorschläge macht. Die Bürger*innen in der Pliensauvorstadt haben sich nochmals zum VfL Post-Gelände zu Wort gemeldet. Nur kurz drei von vielen Gründen: Mangel an Grünfläche im Stadtteil, fehlende Trainingsmöglichkeiten für die Fußballkinder, die Frischluftschneise. Und bezahlbarer Wohnraum entsteht dort auch nicht. Eine Million für die verfrühte Erschließung wollen wir an anderer Stelle verwenden.